Nachgefragt: Büro für Leichte Sprache Peine-Burgdorf

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Das Hurraki Tage·buch stellt regelmäßig ein
Büro für Leichte Sprache vor.
Heute stellen wir das
Büro für Leichte Sprache der Lebens·hilfe Peine-Burgdorf vor.

Ulrike Treptow vom Büro für Leichte Sprache Peine-Burgdorf
hat auf unsere Fragen geantwortet.

Was bedeutet Leichte Sprache für Sie?

„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“. In diesem Zitat von Ludwig Wittgenstein wird die Macht von Sprache deutlich. Mit Sprache verstehen wir die Welt, mit Sprache haben wir an der Welt teil. Und im Umkehrschluss kann schwere Sprache ausschließen.

Darum muss Sprache für alle Menschen zugänglich sein, auf allen Sprachebenen. Leichte Sprache ist eine dieser Sprachebenen und immens wichtig für Menschen mit Lernbeeinträchtigungen.

Denn nur Menschen, die umfassend und für sie verständlich Zugang zu unterschiedlichsten Informationen bekommen, können selbstbestimmt, selbstständig und gleichberechtigt mit anderen kommunizieren. Barrierefreie Kommunikation ist die Basis für gleichberechtigte gesellschaftliche, politische und kulturelle Teilhabe und ein wichtiges Element der sprachlichen Integration in Deutschland.

Wer schreibt die Texte in Leichter Sprache?

Ich, Ulrike Treptow, bin Texterin und Übersetzerin im Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe Peine-Burgdorf und übersetze die Texte in Leichte bzw. einfache Sprache. Von meinem Studium her bin ich Germanistin.

Ich habe verschiedene zertifizierte Fortbildungen zu Leichter Sprache besucht und qualifiziere mich fortwährend weiter. Nicht nur im Bereich der Leichten Sprache, sondern auch im Bereich der einfachen Sprache.

Ich bin Mitglied in vielen Netzwerken und Arbeitsgruppen, um nicht nur durch Fortbildungen, sondern auch durch Austausch immer auf dem neuesten Stand zu bleiben.

Welche Hilfsmittel benutzten Sie?

Das kann ich so pauschal nicht beantworten. Es kommt immer sehr auf den Text an. Je nach Thema recherchiere ich zu Hintergrundinfos und halte selbstverständlich immer sehr engen Kontakt zu den Auftraggeber:innen, damit der übersetzte Text am Ende nicht nur leicht verständlich, sondern auch inhaltlich korrekt ist.

Natürlich gibt es immer wieder Inspirationen durch Flyer / Texte anderer Übersetzer:innen, die es zu dem jeweiligen Thema vielleicht schon gibt. Verschiedene Online-Wörterbücher helfen eventuell, ein schwieriges Wort passend zu übersetzen.

Hilfsmittel im weitesten Sinne sind natürlich auch immer Ergebnisse aus der Forschung, beispielsweise der Forschungsstelle Leichte Sprache Hildesheim oder der Universität Leipzig. Zunächst angenommene Regeln erweisen sich eventuell in der Rezeption als falsch, so dass sie angepasst werden. Hier immer auf dem neuesten Stand zu bleiben, ist ebenfalls ein Hilfsmittel, das ich anwende.

Ich bin Teilnehmerin am Projekt DIN SPEC „Empfehlungen für Deutsche Leichte Sprache“, in dem Empfehlungen für Übersetzungen in Leichte Sprache erarbeitet werden.

Wie werden die Texte auf Verständlichkeit geprüft?

Zunächst prüfe ich die von mir übersetzten Texte durch eine Korrekturleserin. In dem Punkt arbeite ich mit kooperierenden Büros für Leichte Sprache im gegenseitigen Austausch zusammen. Damit kann ich das Vier-Augen-Prinzip gewährleisten.

In einem nächsten Schritt gehen die Texte in eine meiner beiden Prüfgruppen. In den Prüfgruppen arbeiten jeweils vier Menschen mit Beeinträchtigung aus dem Berufsbildungsbereich der Lebenshilfe Peine-Burgdorf.

Als erstes prüfen wir ausschließlich die Bebilderung des Textes. Mit eigens dafür angefertigten Schablonen decken wir den Text zunächst ab. So können wir prüfen, ob sich der Text den Menschen, die beim Lesen erhebliche Schwierigkeiten haben und den auf den Zugang über Bilder angewiesen sind, zumindest grundlegend erschließen kann.
In einem zweiten Schritt lesen wir reihum den Text absatzweise laut vor, gleichen ihn mit den durch die Bilder erzeugten Erwartungen an den Inhalt ab und diskutieren schwierige Wörter, Satzaufbauten etc.

Abschließend stelle ich Fragen zum Verständnis oder lasse mir einzelne Fakten in eigenen Worten widergeben. Wenn das alles gut funktioniert, kann der Text das Büro für Leichte Sprache in Richtung Kund:in verlassen.

Für wen schreiben Sie Texte?

Zum einen richtet sich unser Angebot natürlich an eine interne Zielgruppe: An die Menschen mit Beeinträchtigungen, die durch die Lebenshilfe Peine-Burgdorf begleitet werden.

Darüber hinaus hat unser Büro für Leichte Sprache aber auch die verschiedensten externen Kund:innen – regional, aber auch überregional. Beispielsweise ein Unternehmen, das einem Bundeministerium angeschlossen ist, oder ein Gremium, das die niedersächsische Landesregierung berät.

Für regionale Auftraggeber:innen aus den Bereichen Kultur, Verwaltung, Bildung oder Soziales haben wir Imagetexte, Internetseiten, juristische Texte, aber auch Flyer und Broschüren übersetzt.

Alle Themen sind spannend, und jede:r Interessierte sollte auch die Möglichkeit haben, Zugang zu diesen Themen zu bekommen. Von daher freue ich mich über jegliche Anfrage.

Was kostet ein Text in Leichter Sprache?

Einen pauschalen Preis oder eine Preisliste gibt es nicht. Ein guter Text braucht Zeit: Zeit zum Recherchieren, Zeit zum Übersetzen, Zeit zum Prüfen und Zeit für die Freigabe durch den/die Kundin.

Die Preise pro Text sind daher individuell und hängen zum einen von der Zeichenzahl, zum anderen aber auch vom Schwierigkeitsgrad und dem Recherchebedarf ab. Eine Einladung zur Weihnachtsfeier ist demnach kostengünstiger als eine Datenschutzerklärung.

Es gehört zu meinem anfänglichen Beratungsgespräch, hierüber aufzuklären und bei näherem Interesse ein unverbindliches Angebot zu erstellen.

Welchen Text sollte es in Zukunft unbedingt auch in Leichter Sprache geben?

Da plädiere ich ganz stark für Texte aus dem Bereich der Medizin. Erwiesenermaßen gelingt eine Therapie, ein Heilungsprozess besser, wenn zwischen Arzt/Ärztin und dem/der Patient:in ein vertrauensvolles Verhältnis besteht. Sprache schafft Vertrauen.

Wenn ich meinen Arzt/meine Ärztin verstehe, wenn ich verstehe, welche Therapie geplant ist und welche Nebenwirkungen auftreten können, wenn ich verstehe, wie ich meine Medikamente einnehme und wie ich handeln muss, wenn ich die Einnahme vergessen habe – dann kommunizieren wir auf Augenhöhe, und der/die Patient:in kann selbstbestimmt entscheiden. Das liegt mir besonders am Herzen.

Aber natürlich sind Behördentexte sowie Parteiprogramme in Leichter oder zumindest einfacher Sprache ebenfalls ein großer Wunsch von mir. Um teilzuhaben, um mitzuwirken, muss ich verstehen. „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“ …

Hier geht es zum Büro für Leichte Sprache der Lebens·hilfe Peine-Burgdorf:
https://www.lhpb.de/produkte-und-dienstleistungen/buero-fuer-leichte-sprache

Das ist die Adresse vom Büro für Leichte Sprache der Lebens·hilfe Peine-Burgdorf:
Breite Straße 15
31224 Peine