Nachgefragt: capito Graz

Leichte Sprache Logo von Inclusion Europe

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Das Hurraki Tagebuch stellt jede Woche ein
Büro für Leichte Sprache vor.
Heute stellen wir capito Graz vor.

Marion Moser von capito Graz
hat auf unsere Fragen geantwortet.

Was bedeutet Leichte Sprache für Sie?

Viele Menschen können viele Informationen nicht gut lesen und verstehen. Wenn man Informationen nicht versteht, dann kann man sie auch nicht nutzen. Solche Informationen sind Barrieren. Man kann nicht an der Sache teilhaben, über die informiert wird.

Es gibt viele Gründe für Informationsbarrieren. Das hat damit zu tun, dass Menschen verschieden sind. Außerdem kann es sein, dass derselbe Mensch manche Informationen leichter versteht und andere schwerer. Das hat damit zu tun, wie viel er schon über das Thema einer Information weiß.

Ein Beispiel: Wenn jemand schon viel über Politik weiß, dann kennt er schon viele Worte, die in der Politik verwendet werden. Wer sich noch nie mit Politik beschäftigt hat, kennt diese Worte nicht und braucht mehr Erklärungen.

Leichte Sprache nimmt Rücksicht auf die verschiedenen Informationsbarrieren für verschiedene Menschen. Leichte Sprache ist für jeden anders und kann verschieden aussehen. Wir haben unser Ziel bei capito Graz erreicht, wenn eine Information genau für diese Menschengruppe leicht zu lesen und leicht zu verstehen ist, für die sie gedacht ist.

Wer schreibt die Texte in Leichter Sprache?

Bei capito Graz schreiben Redakteurinnen und Redakteure die Texte. Das sind Menschen, die sehr viel über barrierefreie Information wissen. Außerdem haben sie ein Talent für das Schreiben von Texten und interessieren sich für viele Fachgebiete. Das Wichtigste ist: Sie arbeiten gerne mit Menschen mit Lernschwierigkeiten und Behinderungen in gleichberechtigten Teams zusammen.

Man weiß noch sehr wenig über barrierefreie Informationen. Deshalb überprüfen wir unsere eigenen Arbeiten und lernen aus den Ergebnissen von verschiedenen Forscherinnen und Forschern dazu. Die capito Redakteurinnen und Redakteure machen viele gemeinsamen Ausbildungen und Fortbildungen. So entwickeln wir unser Wissen weiter.

Bei capito gibt es auch Expertinnen und Experten für Barrierefreiheit. Das sind Menschen mit Lernschwierigkeiten und Behinderung, die sehr viel über Barrierefreiheit wissen. Sie machen Beratung, Vorträge, Workshops und Analysen.

Außerdem machen sie Recherchen und Konzepte für capito Produkte. Das können sie sehr gut, weil sie am besten wissen, was Menschen mit Behinderung wirklich interessiert.

Welche Hilfsmittel benutzten Sie?

Wir benutzen den capito Kriterienkatalog. Dort stehen im Moment 165 verschiedene Punkte, die für barrierefreie Informationen wichtig sind. Wir nennen diese Punkte „Kriterien für barrierefreie Information“. Wir benutzen den capito Kriterienkatalog als Leitfaden bei der Vorbereitung einer Information und als Checkliste beim Prüfen der fertigen Übersetzungen. Außerdem haben wir ein Leicht Lesen Wörterbuch für alle Redakteurinnen und Redakteure im capito Netzwerk. Dort haben wir viele Erklärungen für schwierige Wörter gesammelt.

Außerdem haben wir eine große Sammlung mit Zeichnungen, Piktogrammen und Fotos.

Wir machen aber nicht nur Übersetzungen, sondern auch Filme und CDs und nutzen andere moderne Medien. Deshalb finden wir Hilfsmittel für das Internet oder den PC sehr interessant und benutzen diese. Zum Beispiel das Leicht Lesen wiki, easy mail, Tablets und so weiter.

Wie werden die Texte auf Verständlichkeit geprüft?

Wir legen gemeinsam mit unseren Auftraggebern fest, für welche Menschen der Text gedacht ist, bevor wir mit dem Schreiben beginnen. Wir bestimmen also vor dem Schreiben die Zielgruppe des Textes.

Wir wollen zum Beispiel wissen: Könnten auch blinde Menschen dabei sein? Könnten auch gehörlose Menschen dabei sein? Was wissen die Menschen aus der Zielgruppe schon über das Thema des Textes? Wie gut können die Menschen aus der Zielgruppe lesen? Haben die Menschen aus der Zielgruppe Zugang zum Internet? Aus den Antworten zu diesen Fragenkönnen wir erkennen, welche Kriterien aus dem capito Kriterienkatalog für die Zielgruppe wichtig sind.

Für die Prüfung auf Verständlichkeit hat capito ein Prüfverfahren mit 3 Stufen entwickelt. Dieses Prüfverfahren ist Teil des capito Qualitäts-Standards. Der capito Qualitäts-Standard ist TÜV zertifiziert. Leicht verständliche capito Produkte, die dem zertifizierten Qualitäts-Standard entsprechen, bekommen das capito Gütesiegel für Leicht Lesen.

In der Stufe 1 prüfen wir, ob die Kriterien im capito Kriterienkatalog für die bestimmte Zielgruppe eingehalten wurden.

In der Stufe 2 prüfen mindestens 3 Vertreterinnen und Vertreter aus der Zielgruppe den gesamten Text. Sie lesen den Text abwechselnd und berichten, was sie verstanden haben. Sie machen auch Verbesserungsvorschläge. Die Prüfgruppen werden von einer Person moderiert, die den Text nicht selbst geschrieben hat. Diese Person schreibt alles auf.

Wer sind die Prüferinnen und Prüfer bei capito?
Weil capito Texte für viele verschiedene Zielgruppen macht, arbeiten viele verschiedene Menschen als Prüferinnen und Prüfer. Die capito Prüferinnen und Prüfer müssen auch keine eigene Ausbildung für das Prüfen haben. Das Wichtigste ist: Sie sollen die Zielgruppe des Textes vertreten.

Ein Beispiel: Ein Informationsfolder für Jugendliche mit Migrationshintergrund wird bei capito von 3 Jugendlichen mit Migrationshintergrund geprüft. Eine Information der Behörde über das persönliche Budget von behinderten Menschen, die sich dafür interessieren könnten.

In der Stufe 3 wählt unsere Social Franchise-Geberin aus allen Produkten aller capito Partnerinnen regelmäßig einzelne Arbeiten nach dem Zufallsprinzip aus. Diese Arbeiten werden von einer Kontrollgruppe noch einmal ganz genau überprüft. So weiß jede capito Partnerin, dass ihre Produkte jederzeit zu den Produkten gehören kann, die noch einmal von außen überprüft werden.

Für wen schreiben Sie Texte?

Wir von capito schreiben für Behörden, für Unternehmen und für soziale Organisationen. Wir schreiben aber auch für Privatpersonen. Referenzen von capito sind zum Beispiel das Beschaffungsamt des Bundesministeriums für Inneres, die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, die AUVA, eine Reihe von Ministerien in Deutschland und Österreich, die Bank Austria, der internationale Konzern Simacek, die Caritas, Paritätische Wohlfahrtsverbände, Lebenshilfe Organisationen in Deutschland und Österreich, politische Parteien, Tourismusbetriebe, Kommunen, und so weiter.

Was kostet ein Text in Leichter Sprache?

Auf unserer gemeinsamen Webseite www.capito.eu gibt es Produktblätter. Dort geben wir Orientierung, was ein Text ungefähr kosten kann. Wir machen aber immer gerne ein persönliches Angebot, wenn wir mehr über den Auftrag und die Zielgruppen wissen.

Welchen Text sollte es in Zukunft unbedingt auch in Leichter Sprache geben?

Noch mehr Texte zum Thema Arbeits-Sicherheit und Schutz vor Betrügereien, zum Beispiel in Sozialen Medien im Internet. Außerdem wünschen wir uns mehr Bücher in Leicht Lesen. Wir haben gerade jetzt unseren ersten Krimi herausgebracht. Das war ein Projekt, in dem viele Menschen mit Lernschwierigkeiten mitgearbeitet haben. Was dabei rauskam ist wirklich spannend zu lesen. Wir wollen mit solchen Texten wieder mehr Menschen zum Lesen motivieren.

Hier geht es zur Internet-seite von capito Grasz:
www.capito.eu/de/Standorte/capito_Graz/

Das ist die Adresse von capito Grasz:
atempo gGmbH
Heinrichstraße 145
8010 Graz