Nachgefragt: Dr. Alexander Lasch

Hurraki Nachgefragt
Dr. Alexander Lasch antwortet.

Herr Dr. Lasch,
Was bedeutet Leichte Sprache für Sie?

Antwort von Herr Dr. Lasch:

Antwort – Leichte Sprache:

Ich bin ein Wissenschaftler
und beschäftige mich mit Sprache.
Ein wichtiges Thema ist für mich:
Wie sprechen Menschen miteinander?
Wie schreiben und lesen sie?

Ich untersuche die Leichte Sprache,
damit ich sie besser verstehen kann.
Ich möchte die Regeln der Leichten Sprache in einem Buch festhalten.
Das nennt man eine Grammatik.
Alle sollen die Regeln benutzen können,
um Texte in Leichter Sprache zu schreiben.

Ich möchte damit Menschen helfen,
für die die Leichte Sprache gemacht ist.

Antwort – Schwere Sprache:

Für mich ist die Leichte Sprache ein sehr interessantes Forschungsgebiet. Sie ist ein Mittel zur Kommunikation und hat aus meiner Sicht zwei Funktionen, die ich betonen möchte. Zum einen erlaubt sie es Menschen, die aus verschiedenen Gründen eine (Schrift-)Sprache nicht so beherrschen (können), wie die meisten anderen, sich mit Informationen zu versorgen. Damit können sie an der Kommunikation in der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz und im Privatleben teilhaben, ohne auf Hilfe anderer angewiesen zu sein. Inklusion gelingt nur, wenn man mehr Autonomie ermöglicht. Zum anderen hat sie eine wichtige Appellfunktion: Sie macht alle anderen immer wieder darauf aufmerksam, dass nicht alle Menschen einer Gesellschaft wie selbstverständlich z.B. auf Kulturtechniken wie Lesen und Schreiben zurückgreifen (können). In gewisser Weise ist die Leichte Sprache damit der Brailleschrift vergleichbar, der man im Alltag häufig begegnet.

Leichte Sprache ist, linguistisch betrachtet, eine Varietät. Das heißt, dass sie eine spezielle Sprachform für eine bestimmte Gruppe von Menschen ist. Diese Gruppe ist sehr heterogen: Wir können z.B. unterscheiden zwischen Menschen mit Behinderung oder Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht lernen konnten (oder durften), wie man liest und schreibt. Auch leben in Deutschland viele Menschen, die zwar lesen und schreiben können, aber die eine andere Muttersprache als das Deutsche haben und nun im mittleren Lebensalter das Deutsche mühsam lernen wollen, weil sie hier eine neue Heimat gefunden haben. Ziel ist es aus linguistischer Perspektive, all diesen Menschen eine für sie adäquate Möglichkeit anzubieten, das Deutsche als (Schrift-)Sprache zu lernen und zu verstehen.

Verschiedene Initiativen haben auf dem Gebiet der Leichten Sprache in den letzten Jahren sehr wertvolle Arbeit geleistet. Vor allem ist der „perzeptive Zugang“ lobend herauszustreichen: Hier fragt man Adressaten Leichter Sprache, wie sie Wörter, Begriffe, Sätze und Texte wahrnehmen und verstehen. Bei der Erstellung von Texten in Leichter Sprache orientiert man sich dann an deren Beurteilungen. Das ist auch der Weg, der aus wissenschaftlicher Perspektive unbedingt zu favorisieren ist und die Linguistik kann dabei wertvolle Unterstützung leisten. Denn leider liest man häufig, dass Texte in Leichte Sprache ‚übersetzt‘ würden. Das suggeriert, dass komplexe Texte (und vermeintlich damit auch Sachverhalte) eingedampft werden. Gegen diese Auffassung muss man begründet argumentieren: (1) Texte in leichter Sprache sollen eigenständige Formate sein, die auf der Basis einer „perzeptiven Grammatik“ (die noch für die unterschiedlichen Zielgruppen zu erarbeiten ist) entstehen. (2) Auch ist es wichtig, dass man zwischen verschiedenen medialen Erscheinungsformen von Sprache unterscheidet: Gesprochene Sprache folgt anderen Regeln und unterliegt anderen kommunikativen Bedingungen als geschriebene Sprache. Sie wird daher anders rezipiert. Das verdient bei der Erstellung von Formaten in leichter Sprache mehr Beachtung. (3) Auch die oben angesprochene Zielgruppendifferenzierung ist ein Thema, für das in Zukunft eine breite Öffentlichkeit sensibilisiert werden soll.

Vielen Dank für Ihre Antwort Herr Dr. Lasch.

 

Zur Person:
Dr. Alexander Lasch untersucht die menschliche Sprache.
Er ist: Sprach-Wissenschaftler.
Und arbeitet an der: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Dr. Alexander Lasch ist auch Blogger.
Er schreibt (bloggt) über das Thema: Sprache

Die Wahl-Programme in Leichter Sprache hat er sehr genau angeschaut.
Und hat dann darüber in seinem Blog geschrieben.

Hurraki hat darüber berichtet:
https://hurraki.de/blog/leichte-sprache-wahlprogramme-genau-angeschaut/

 

Hier geht es zu seiner Blog-Start-Seite:
http://alexanderlasch.wordpress.com/

Hier geht es zu seiner YouTube-Seite:
http://www.youtube.com/channel/UCnSqvWH1_wqTB9I_d41G2xg

Hier geht es zu seiner Twitter-Seite:
https://twitter.com/AlexanderLasch

Hier geht es zu seiner Facebook-Seite:
https://www.facebook.com/alexander.lasch

Die Aktion:
Hurraki hat verschiedene Personen gefragt.
Jede Woche antwortet eine andere Person.
Die Aktion heißt: Nachgefragt