Nachgefragt: Büro für Leichte Sprache – Niederrhein

Leichte Sprache Logo von Inclusion Europe

Leichte Sprache Logo von Inclusion Europe

Das Hurraki Tagebuch stellt regelmäßig ein
Büro für Leichte Sprache vor.
Heute stellen wir das
Büro für Leichte Sprache Niederrhein vor.

Silvana Pasquavaglio vom Büro für Leichte Sprache Niederrhein
hat auf unsere Fragen geantwortet.

Was bedeutet Leichte Sprache für Sie?

Leichte Sprache ist wichtig, da Menschen mit Lernbeeinträchtigung nur mittels Leichter Sprache die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Man stelle sich beispielhaft vor: Ein Laie sitzt in einer Vorlesung für Juristen und versucht, dem Inhalt der Vorlesung zu folgen. Der Laie versteht natürlich nur einzelne Wörter. Bald schwirrt ihm der Kopf vor lauter unbekannten Begriffen. Die Verzweiflung und Überforderung wird immer größer – schließlich schaltet der Laie ab. Genau so geht es Menschen mit Lernbeeinträchtigung täglich: Wenn sie Nachrichten hören, Zeitungen oder Bücher lesen. Nur die Leichte Sprache kann ihnen die Freude am Lesen zurückgeben. Und, was noch viel wichtiger ist: Leichte Sprache baut Barrieren ab. Mit ihr können Menschen mit Lernbeeinträchtigung selbstständig Dinge erfassen und Entscheidungen fällen.

Wer schreibt die Texte in Leichter Sprache?

Wir sind zwei Texterinnen und Übersetzerinnen im Büro für Leichte Sprache – Niederrhein: die Sozialpädagogin Angelika Fehmer und ich, Silvana Pasquavaglio, langjährige Redakteurin. Wir haben beide Deutsch bzw. Germanistik studiert und wir haben beide Deutsch als Zweitsprache unterrichtet. Außerdem haben wir an zertifizierten Fortbildungen für Leichte Sprache teilgenommen und besuchen weiterhin relevante Schulungen (auch für Einfache Sprache). Außerdem sind wir mit anderen Übersetzer:innen vernetzt, u.a. durch das Netzwerk Leichte Sprache, persönliche Netzwerke und Newsletter verschiedener Organisationen.

Welche Hilfsmittel benutzten Sie?

Das kommt auf den jeweiligen Text an. Wir halten in jedem Fall engen Kontakt zu den Auftraggeber:innen, um den Text wunschgemäß zu übersetzen (z.B: nur die zentralen Stellen oder den gesamten Inhalt). Wir recherchieren den Hintergrund und diskutieren die zu übersetzenden Texte. Manchmal schauen wir auch: Wie haben andere Übersetzer:innen bestimmte schwere Wörter oder Sachverhalte übersetzt; da kann auch Hurraki ein wichtiges Nachschlagewerk sein. In unsere Arbeit beziehen wir die Empfehlungen verschiedener Unis (Uni Leipzig, Forschungsstelle Leichte Sprache Hildesheim) ein. Überhaupt verfolgen wir die Entwicklung der Leichten Sprache mit wachem Auge. So bin ich Mitglied der DIN-SPEC Leichte Sprache, die Empfehlungen für Auftraggeber:innen und Übersetzer:innen aus den bestehenden Regelwerken erarbeitet.

Wie werden die Texte auf Verständlichkeit geprüft?

Die Qualität der Texte ist uns sehr wichtig. Deshalb nutzen wir sowohl das Vieraugenprinzip als auch die Prüfung durch die Zielgruppe. Vieraugenprinzip bedeutet: Eine von uns beiden übersetzt den Originaltext in Leichte Sprache. Die andere liest danach die Übersetzung. Im Anschluss diskutieren wir fragliche Stellen und ändern sie ggf.

In einem zweiten Schritt geben wir den Text in eine unserer Prüfgruppen. Das sind Menschen mit Lernbeeinträchtigung. Wir haben derzeit zwei Prüfgruppen mit insgesamt acht Prüfer:innen. In der Prüfstunde lesen wir den Text gemeinsam Abschnitt für Abschnitt laut vor. Die Prüfer:innen erklären, welche Wörter oder Stellen sie nicht verstanden haben. Diese Stelle überarbeiten wir. Zum Schluss stellen wir zu jedem Abschnitt Verständnisfragen. Können die Prüfer:innen die Fragen beantworten, wissen wir: Der Text wird wirklich verstanden.

Für wen schreiben Sie Texte?

Wir arbeiten u.a. für die Lebenshilfe Krefeld e.V., dem das Büro angehört. Wir übersetzen Anweisungen, Flyer, Broschüren und vieles mehr. Derzeit kommen unsere Auftraggeber:innen vor allem aus dem Bereich der Sozialinstitutionen. Wir haben auch schon für Vereine und Kirchen übersetzt und erschließen uns derzeit Auftraggeber:innen aus den Bereichen Ämter und Verwaltung.
Wir sind offen für jedwede Anfrage für die Bereiche Leichte und Einfache Sprache.

Was kostet ein Text in Leichter Sprache?

Vor allem: ausreichend Zeit! 😉 Nur wenn man genügend Zeit hat, kann ein guter Text in Leichter Sprache entstehen. Es gibt sehr viele Schritte, ehe ein Text in Leichter Sprache fertig ist, das sollte man nicht vergessen. Der Preis hängt auch von dem Schwierigkeitsgrad des jeweiligen Textes ab und vom Umfang des Auftrags. Genaue Preisangaben können Auftraggeber:innen bei uns erfragen.

Welchen Text sollte es in Zukunft unbedingt auch in Leichter Sprache geben?

Texte von Behörden und Ämtern sowie Arztbriefe. Da hat doch jede/r schon die Erfahrung gemacht, dass man diese wichtigen Schreiben auch als Mensch ohne Lernbeeinträchtigungen oftmals nicht versteht.

Wichtig auch: Parteiprogramme. Menschen mit Lernbeeinträchtigung sollten wissen, Partei X vertritt diese Ziele, Partei Y jene. Erst dann können Menschen mit Lernbeeinträchtigung die Partei wählen, deren Ziele sie auch vertreten.

Uns persönlich liegen Museumstexte am Herzen. Kunst sollte für jede/n eine erlebbare Erfahrung sein.

Wir freuen uns über Zeitschriften wie LeichtSinn, weil diese inklusiv arbeiten und vielfältige Themen in Leichter Sprache anbieten, dabei unterhaltend und nicht belehrend sind.

Hier geht es zum Büro für Leichte Sprache Niederrhein:
https://lebenshilfe-krefeld.de/leichte-sprache/

Das ist die Adresse vom Büro für Leichte Sprache Niederrhein:
St.-Anton-Str. 71
47798 Krefeld

2 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert